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Eine wahre Geschichte und eine Warnung insbesondere an alleinreisende Frauen

Mir ist gestern in Siem Reap (Kambodscha) was Schräges passiert und das möchte ich zum Anlass nehmen, um insbesondere alleinreisende Frauen zu warnen. Ich erzähle die Geschichte möglichst detailliert und genauso wie sie mir passiert ist. Am Ende kann sich dann jeder sein eigenes Bild von den Geschehnissen machen.

Ich stand am 03.12.2015 an einer kleinen Kreuzung in Siem Reap und habe für meinen Youtube-Kanal ein paar Sachen gefilmt unter anderem den sich konfusen, aber selbstregulierenden Verkehr an besagter Kreuzung. Während ich filmte sprach mich ein freundliches Pärchen an und wir unterhielten uns über Siem Reap, Kambodscha und Gott und die Welt. Das Pärchen stellte sich mir als Bruder und Schwester aus Malaysia vor die angereist sind, um die Hochzeit ihrer gemeinsamen Schwester mit einem Kambodschaner zu feiern. Mit ihrer Frage woher ich kommen würde, fing der ganze mysteriöse und für mich billige Mafiafilm an. Als sie erfuhren, dass ich in Deutschland lebe machten sie einen sehr erleichterten Eindruck, weil sie endlich die Möglichkeit hatten mit jemandem zu sprechen, der in Deutschland aufgewachsen ist und sich mit den Begebenheiten vor Ort gut auskennt. Die Frau, die sich mir als Mona vorstellte, erzählte mir, dass ihre 20jährige Tochter Anfang des nächsten Jahres ein Austauschjahr an der Universität Frankfurt geplant hat und ihre Pläne nun aber verwerfen will, weil sie gehört hat, dass es in Deutschland eine negative Grundstimmung gegenüber Ausländern geben würde und ob ich das bestätigen könne. Ich erzählte Ihnen, dass es meiner Meinung nach in Deutschland kein bisschen gefährlicher für Ausländer ist als überall anders in der Welt auch. Das erleichterte sie sehr und sie machten ab dann einen sehr gelösten Eindruck und fragten mich, ob ich mit der Tochter telefonieren würde, um ihr die Ängste und Sorgen diesbezüglich zu nehmen. Klar warum nicht, gesagt getan, keine Sekunde später zückte die Frau ihr Smartphone und rief die Tochter an und reichte mir das Telefon. Ich fing an mit der Tochter zu sprechen, ihr Englisch war sehr gut und sie freute sich ebenfalls mit einem Deutschen sprechen zu können, der Migrationshintergrund hat und gut beurteilen kann, wie es sich als „Ausländer“ in Deutschland so lebt.

Das Gespräch lief offensichtlich so gut, dass sie mehr über Deutschland erfahren wollte und weiterhin von mir wissen wollte, ob ich Berlin, Hamburg oder München den Vorzug gegenüber Frankfurt geben würde. Dann erzählte sie mir ebenfalls von der bevorstehenden großen Hochzeit die über zwei Tage gefeiert werden würde und das sie sich sehr freuen würde, wenn ich Zeit und Lust hätte ihr Gast zu sein. Die Mutter fand das auch eine supergute Idee und bekräftigte die Einladung an der Hochzeit als deren Ehrengast teilzunehmen. Da stand ich nun in Short, verschwitztem T-Shirt und den typisch dreckigen Backpacker-Flipflop-Füßen und habe spontan zugesagt. Jeder der mich kennt, weiß, dass ich ein eher skeptischer und misstrauischer Mensch bin, aber an der Sache gab es für mich absolut keinen Haken. Die Mutter meinte dann noch wieso bis morgen warten, ich solle doch jetzt schon mitkommen, um die Familie kennenzulernen und mit ihnen zu Abend zu essen.

Ja warum nicht dachte ich mir, dafür reist man doch schließlich, um spontan neue Menschen kennenzulernen und Dinge zu erleben, die man sonst nicht erleben würde. Die Mutter tätigte einen Anruf und kurze Zeit später stand ein Rollerfahrer bereit und die Mutter und ich sprangen hinten aufs Moped. Super dachte ich mir, da sehe ich immer drei oder vier Leute auf einem Roller sitzen und jetzt hocke ich selbst im Sandwich auf dem Roller. Wir fuhren ca. 10 bis 15 Minuten durch etliche Seitenstraßen bis es immer ruhiger und verlassener wurde. Ausländer waren weit und breit keine mehr zu sehen und irgendwann auch keine Einheimischen. Wir fuhren durch die besagten Seitenstraßen, die immer kleiner und verlassener wurden, dann noch über einen Feldweg bis wir vor einem kleinen Häuschen standen.

Wir betraten das Haus und mir wurde der angebliche Bräutigam vorgestellt, der morgen heiraten sollte. Sonst habe ich erstmal niemanden gesehen, sondern nur einige Männerstimmen gehört. Ich unterhielt mich weiter sehr freundlich mit Mona bis sie dann kurz verschwand und dann wieder mit Reis und zwei Gerichten erschien. Sie war sehr gastfreundlich, deckte den Tisch in Windeseile und bat mich zu Tisch, um zu essen. Soweit so gut. Auf meine Frage wo denn die Tochter sei antwortete sie mir, dass sie kurzfristig einen Termin beim Frisör bekommen hat und den unbedingt wahrnehmen muss, da sie sonst ihre Haare bis morgen nicht mehr gerichtet bekommt. Kein Plan, aber das Frauen großen Wert auf ihre Frisur legen, ist mir durchaus bekannt.

Dann tauchte ein Mann um die Mitte 50 Jahre auf, der mir als Onkel der Tochter vorgestellt wurde. Er fing an sich mit mir zu unterhalten, über meinen Job, meinen Familienstand, meine Religion etc. und er wurde nicht müde zu erzählen wie sehr er seine Nicht liebe und nicht wolle, dass ihr in Deutschland was zustößt. Soweit so gut, doch ab dann sollte der kleine Ausflug eine ganz andere Wendung nehmen.

Auf meine Frage an den Onkel womit er in Malaysia seinen Lebensunterhalt verdient, antwortete er mir, dass er Dealer in einem Casino ist und fragte mich, ob ich schon Mal im Casino war. Ich war erst einmal im Casino und fand es jetzt nicht so geil (mein bester Freund Harald, weiß wieso …), dass ich unbedingt nochmal hin müsste und das erzählte ich ihm auch. Er fragte mich, ob ich Blackjack spielen könne und da Blackjack ein ziemlich einfaches Glücksspiel ist antwortete ich mit ja. Er schlug vor mir während der Wartezeit Blackjack aus der Sicht eines Dealers beizubringen und mir Tricks und Kniffe zu verraten und bat mich in ein Nebenzimmer des Hauses. In dem Nebenzimmer standen ein Bett, ein Schrank und ein Tisch mit der üblichen grünen Filzdecke.

Im Eingangsbereich hörte ich wieder einige Männerstimmen und dachte mir, dass das wohl die Gäste sind, die nach und nach eintrudeln. Der Onkel öffnete einen Koffer mit Spielchips und einem Kartenset, holte Papier und Stift und bevor er anfing mir das Prinzip des Blackjacks eingehend zu erklären schaute er mich sehr ernst an und sagte, was in diesem Zimmer gesprochen wird müsse in diesem Zimmer bleiben. Ich lachte und dachte mir, was für ein komischer Vogel, macht hier auf superdicke Hose, aber egal ich wartete ja eigentlich auf seine Nichte, um mit ihr über ihr Auslandssemester in Deutschland zu sprechen.

Er fing also an mir Blackjack zu erklären und beiläufig erwähnte er, dass man sehr viel Geld verdienen könne, wenn man zusammen mit einem Dealer am Tisch spielt, den man kennt und der einem durch versteckte Handzeichen signalisiert welche Karten der Bunker erhalten hat und welche Karte die nächste ist, die ich kriegen würde. Er fing an mir die versteckten Handzeichen zu erklären und in mir war der Ehrgeiz geweckt das Spiel so gut wie möglich zu verstehen. Er war sehr zufrieden mit mir und stellte mir ein paar Aufgaben, die ich offensichtlich gut löste. Und dann erst verstand ich worum es hier überhaupt ging. Der Vogel wollte, dass ich während meiner Südostasien-Reise einen Abstecher in das Casino mache in dem er arbeitet, damit wir gemeinsam gegen das Casino spielen. Er erzählte mir, dass ich mit einem Anfangseinsatz von 2.000 Dollar als VIP-Spieler an einen einzelnen Tisch kommen würde, wo ich nur gegen den Bunker spiele und er als Dealer die Karten austeilt. Den Gewinn im fünfstelligen Bereich würden wir teilen.

Doch das war es noch nicht. Mitten in seinen Ausführungen klingelte sein Telefon und er sagte es wäre seine Frau und bat mich ihn für kurze Zeit zu entschuldigen. Kaum hatte er den Raum verlassen, betrat seine Schwester Mona den Raum und setzte sich dicht neben mich und verwickelte mich in ein Gespräch. Als der Onkel wieder auftauchte machte er einen sehr ernsten, aber erleichterten Eindruck. Er erzählte mir, dass er am Vorabend als Dealer zu einem Hinterzimmerspielchen bestellt wurde, wo drei sehr Reiche um viel Geld Blackjack gespielt haben. Unter den drei Spielern war wohl eine sehr reiche Witwe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die an dem Abend angeblich 40.000 Dollar gewonnen haben soll. Üblicherweise hätte er als Dealer 10% des Gewinns bekommen müssen, also 4.000 Dollar. Die Frau habe ihm aber wohl nur 200 Dollar Trinkgeld gegeben, was ihn sehr gekränkt hat. Und dann ging alles sehr schnell. Er erzählte mir, dass die Frau gleich wieder zum Zocken kommt und dass wir sie mit den Tricks, die er mir gezeigt hat derbe abziehen können. Er sagte, dass wir an diesem Abend jeder locker 20.000 Dollar machen könnten und die Witwe würde es nicht Mal merken. Ich hab ihm gesagt, dass ich bei so einer Sache auf keinen Fall mitmache und dass ich jetzt gehen werde.

Die Stimmung schlug plötzlich um und wurde unfreundlich und aggressiv. Seine Schwester neben mir versuchte mich krampfhaft festzuhalten und dann klopfte es auch schon an der Zimmertür und die steinreiche Witwe betrat den Raum. Ihren Reichtum sah man ihr an. Der Onkel war sichtlich überfordert, da er einerseits versuchte mich mit versteckten Drohgebärden am Gehen zu hindern und andererseits die Witwe nicht spüren lassen durfte, dass hier was nicht stimmt. Ich entschuldigte mich bei der Witwe und sagte ihr, dass ich grade einen Anruf von meiner Frau aus dem Hotel bekommen habe und es ihr nicht gut geht und ich sofort zu ihr muss. Ich drängelte mich an dem Onkel vorbei durch die Tür, während er noch versuchte mich am Arm festzuhalten. Ich schnappte meinen Rucksack und ging vor die Tür, mittlerweile war es stockduster draußen und ich war mitten im nirgendwo. Zum Glück war der gleiche Rollerfahrer vor der Tür, der mich auch zum Haus gefahren hatte. Ich ging selbstbewusst und freundlich auf ihn zu und sagte ihm, dass der Onkel darum bittet mich wieder zurück zum Nightmarket zu fahren. Er nickte und ich sprang hinten auf den Roller und wir fuhren los. Ich hatte so derbe wackelige Knie und konnte nicht glauben wo ich da reingeraten bin. Fuck!!!

Wir fuhren durch die Finsternis und ich hatte keinen blassen Schimmer wo wie waren. Irgendwann fuhren wir durch einigermaßen belebte Seitenstraßen, aber es waren nur Einheimische zu sehen, also war ich noch in keinem sicheren Gebiet. Einige Minuten später sah ich dann schon in der Ferne bunte Lichte und wusste wir sind in der Nähe der Pub-Street und des Nightmarkets und war erleichtert. Dann klingelte das Handy des Rollerfahrers und nach einem kurzen Gespräch dämmerte mir nichts Gutes und ich sollte Recht behalten. Der Fahrer änderte die Fahrtrichtung, aber als er an einer stark befahrenen Kreuzung kurz anhalten musste sprang ich vom Roller und lief durch eine Seitenstraße in Richtung Pub-Street und verschwand in der Menge. Zu meinem Glück fahren abends in der Gegend einige Polizeiautos in Schrittgeschwindigkeit Streife, ich heftete mich zügigen Schrittes an ein Polizeiauto und lief in Schrittgeschwindigkeit soweit wie möglich mit. Dann versteckte ich mich auf dem Parkplatz eines Nobelhotels zwischen den geparkten Autos und schaute immer wieder kurz auf, ob mir der Rollerfahrer gefolgt ist. Zurück im Hotel war die Sache noch nicht durch für mich, weil ich Trottel denen natürlich auch auf Nachfrage erzählt habe wo ich penne. Unterwegs habe ich noch einen großen Stein aufgesammelt, den Kühlschrank vor die Tür geschoben und mich mit meinem lächerlichen Taschenmesser verschanzt. Ich fühlte mich aber sicher, da ich in einem Guesthouse gewohnt habe, das von einer kambodiansichen Großfamilie geleitet wurde und ich mich super gut mit denen verstanden habe. Die gesamte Familie schlief im gleichen Gebäude. Gleich am nächsten Morgen habe ich den nächsten Bus genommen und bin aus Siem Reap abgehauen.

Warum ich das alles erzähle? Weil mir bewusst geworden ist auf welchem schmalen Grat sich Alleinreisende und insbesondere alleinreisende Frauen bewegen. Auf die gleiche Masche, auf die ich reingefallen bin, hätte auch jede Frau reinfallen können. Mit ein paar K.O.-Tropfen im Getränk mitten im nirgendwo kann so ein anfängliches Abenteuer böse ausgehen und ich möchte nicht wissen, wie oft sowas schon passiert ist. Auch wenn wir reisen, um neuen Menschen offen und interessiert zu begegnen, sollte man seine Sicherheit niemals außer Acht lassen. Kein Mensch wusste wo ich war und wann ich wieder zurückkomme. Ich hoffe, dass euch mein Erlebnis eine Lehre ist und ihr nicht blind vertraut und euch auf jedes Abenteuer einlasst. Als Mann steckt man im schlimmsten Fall üble Prügel ein, aber als Frau kann einem weitaus schlimmeres und traumatischeres passieren. Ich weiß bis heute nicht, was mir da passiert ist. Ich bin auf jeden Fall aus Siem Reap abgehauen und bin wieder on the road und sowas passiert mir sicher in meinem Leben nicht mehr.

Meine Rückschlüsse:

  • War das alles wirklich von Anfang an so von denen geplant oder hat sich die Situation erst durch den Onkel spontan so ergeben? Kann ich wirklich nicht sagen, mein Gefühl sagt mir, dass es so geplant war und dass das Pärchen gezielt durch die Stadt gelaufen ist, um einen „Komplizen“ zu finden.
  • Hatte ich Angst? Ich hatte ab dem Moment, wo mir klar wurde, dass ich auf keinen Fall bei der Abziehnummer mitmachen werde und dem Onkel die Chance auf das große Geld versauen werde die Hosen gestrichen voll.
  • Habe ich mich in ernsthafter Gefahr befunden? Im Moment wo alles passierte, war ich mir sicher, dass das Ganze ziemlich übel ausgehen wird. Im Nachhinein glaube ich, dass der Anruf drei Gründe gehabt haben könnte. Erstens: Der Rollerfahrer sollte mit mir irgendwo hinfahren, wo er mich alleine oder mit anderen verprügeln sollte. Halte ich aber für eher unwahrscheinlich. Zweitens: Er hat die Anweisung bekommen mich über Umwege zum Nightmarket zu fahren, so dass ich mich an den Weg zurück nicht mehr erinnern kann. Und drittens: Der Rollerfahrer sollte mich irgendwo absetzen, wo ich große Probleme haben werde den Weg zurück zu finden, so als Lektion. Ich halte zweitens und drittens für wahrscheinlich und erstens eher für unwahrscheinlich.
  • Was würde ich das nächste Mal anders machen? Ich würde meine Hilfe wieder anbieten allerdings darauf bestehen, dass die Tochter in ein Café kommt.
  • Kann man solche Situationen vermeiden? Ich glaube nicht wirklich! Besonders Frauen sollten sich daher gut überlegen, wem sie trauen und wem nicht und sich darüber im Klaren sein, dass eine gut gestellte Falle deswegen gut ist, weil man sie nicht erkennt bis man bis zum Hals in der Schleiße steckt.

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